Landshuter Zeitung
vom 15.04.2015
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Das Buch, das das Web erklärt
„Web-Adressbuch“-Geschäftsführer Mathias Weber im Interview
Seit 1998 veröffentlicht der m.w. Verlag das „Web-Adressbuch“, ein gedrucktes Buch, in dem wichtige und interessante Internet-Adressen zu vielen Themen zu finden sind. Obwohl es jetzt, 17 Jahre später fast anachronistisch anmutet, erfreut sich das „Web-Adressbuch“ immer noch großer Beliebtheit. Geschäftsführer Mathias Weber, der die Idee dazu hatte, erklärt im Interview, wo er das Erfolgsgeheimnis seines Buchs sieht.
Digitale Welt: Wie fing die Geschichte des „Web-Adressbuchs“ eigentlich an? Woher hatten Sie die Idee?
Mathias Weber: Die ganze Geschichte fing im Jahr 1997 an, als das Internet noch in seinen Anfängen war. Von den Ergebnissen der damals angesagten Suchmaschinen wie Yahoo war ich frustriert, da die Web-Seiten in den Ergebnislisten nicht nach Relevanz und Qualität sortiert waren. Suchmaschinen mit diesem System wie Google gab es ja zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht. Deshalb ging ich in die Buchhandlungen und fragte nach einem Internet-Guide, auf dessen Web-Empfehlungen man sich verlassen konnte – aber es gab keinen. Also habe ich mir gedacht: Dann mache ich eben selbst einen. Der Anfang war natürlich alles andere als einfach; es gab zwar damals noch nicht ganz so viele Web-Seiten wie heute, allerdings musste ich trotzdem monatelang Tage und Nächte damit verbringen, gute Web-Seiten zu recherchieren, zu testen und zu strukturieren. Vom Ergebnis war ich schließlich aber selbst sehr begeistert und ließ deshalb gleich 10.000 Exemplare von „Die wichtigsten deutschen Internet-Adressen ‘98“ drucken.
Was haben Ihre Freunde und Bekannten gesagt?
Sie hielten mich für ziemlich mutig. Sogar einige Vertraute zweifelten an dem Projekt und meinten: „Ein Buch fürs Internet kauft doch niemand“. Erste Zweifel wurden aber zum Glück gleich ausgeräumt als sogar „Der Spiegel“ auf das Projekt aufmerksam wurde. Weil das Buch ja aber noch niemand kannte und ich kein großes Budget für Werbemaßnahmen hatte, bin ich dann zwei Monate lang von Stadt zu Stadt gefahren, um den Buchhandlungen mein Buch zu präsentieren. Der Durchbruch kam dann zum Glück sehr schnell, sodass wir bis heute bereits über 2.700 begeisterte Pressestimmen erhalten und über eine halbe Million Bücher verkauft haben.
Seit der Erstausgabe ist im Netz eine gefühlte Ewigkeit vergangen. Sind soziale Netzwerke wie Facebook oder Twitter eher Segen oder Fluch für ein Angebot wie Ihres?
Um ehrlich zu sein – soziale Netzwerke beeinflussen das Web-Adressbuch eigentlich kaum. Natürlich wird sehr viel gepostet, getwittert und diskutiert, aber dies ist keine Konkurrenz für das Buch. Es werden zwar vereinzelt Web-Seiten empfohlen, aber es gibt keine große Gesamtübersicht über alle wichtigen Web-Seiten wie im Web-Adressbuch. Wir haben selbst auch versucht, die Tipps in den sozialen Netzwerken auszuwerten, allerdings brachten uns diese nicht viel weiter, da wir andere, bessere Quellen verwenden. Richtig gute Surf-Tipps findet man nämlich vielmehr in Foren und Newslettern.
Welche Fähigkeiten muss jemand mitbringen, der am Web-Adressbuch mitarbeitet?
Das sind eine ganze Menge. Man muss sich sehr gut im Internet auskennen, vor allem auch abseits der normalen Wege, die jeder kennt. Großes Allgemeinwissen ist wichtig, um die Web-Seiten entsprechend beurteilen zu können. Wichtig sind zudem auch gute Kontakte in der Medienwelt, da man auch immer mal wieder einen guten Tipp bekommt und oft vor Anderen wichtige Neuigkeiten, etwa zu neuen Projekten und Web-Seiten, erfährt. Generell ist es auch wichtig, ein Gespür für Trends im Internet zu haben und neuen Ideen immer aufgeschlossen zu sein.
Welche Zielgruppe hat Ihr Verlag?
Generell ist das Web-Adressbuch für Deutschland für die breite Masse der Bevölkerung ausgerichtet, also für Jung und Alt, männlich und weiblich, Internet-Laie und -Profi, denn durch die Kapitelvielfalt ist für jeden etwas Interessantes dabei. Allerdings ist das Buch besonders bei denjenigen beliebt, die sich in Sachen Internet noch etwas unsicher sind oder sich schlicht vor unseriösen Anbietern im Internet fürchten. Da wir die Web-Seiten ausführlich und kontinuierlich testen, kann man sich auf die Web-Seiten im Buch auch wirklich verlassen. Aber auch Internet-Profis sind echte Fans des Buches, da sie immer wieder Geheimtipps entdecken, die sie vorher noch nicht kannten. Und mit dem E-Book, bei welchem man die Surf-Tipps einfach anklicken kann, erreichen wir nun auch die Technik-Affinen, die mit einem gedruckten Buch nicht so viel anfangen können.
Das Netz entwickelt sich ständig weiter. Wohin denken Sie, dass die Reise geht? Wird es das Web-Adressbuch noch in zehn Jahren geben?
Aber sicher doch, der Inhalt wird ja von Jahr zu Jahr auch immer besser! Das Web-Adressbuch war in den letzten 17 Jahren mehr als erfolgreich und das trotz weitreichender Veränderungen im Internet. Seine Bedeutung wird meiner Meinung nach sogar noch wachsen, denn es werden immer mehr und mehr Web-Seiten, mehr Posts, mehr Informationen, mehr Möglichkeiten – das bedeutet, dass man in seiner Auswahl immer selektiver werden muss, um der Datenflut zu entkommen. Haben Sie schon mal das Wort Urlaub gegoogelt? Sie bekommen dafür tatsächlich 111.000.000 Treffer. Und wer hat schon Zeit und Lust, sich da durch tausende Ergebnisseiten durchzuquälen? Außerdem nutzen viele Anbieter die gleichen Datenbanken. Der Surfer wird deshalb selbst bei drei verschiedenen Anbietern immer auf die gleichen Ergebnisse stoßen. Diese Hintergründe herauszuarbeiten ist mühselig und nimmt sehr viel Zeit in Anspruch – Zeit, die man meist nicht bereit ist zu investieren. Und dafür gibt es die Redaktion des Web-Adressbuchs. Für jeden Themenbereich werden die Web-Seiten zudem auch immer wieder miteinander verglichen: Es kommen neue Web-Seiten hinzu, andere werden aussortiert, sodass auch wirklich immer die fünf bis zehn besten Seiten aus einem Gebiet präsentiert werden.
Das Interview führte Sebastian Geiger.