Nürnberger Zeitung
vom 01.11.2004
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Die Schwarte für den Surfer
Auf den ersten Blick ist es paradox: Ein gedrucktes Adressbuch für das Internet. Warum stellt man das nicht ins Netz, dann kann man doch gleich zur ausgesuchten Adresse wechseln und muss nicht erst die Domain abtippen? Und wer soll dafür 16 Euro berappen? Das ist doch quatsch dachten viele, als der Diplom-Politologe Mathias Weber 1998 zum ersten Mal das "Web-Adressbuch für Deutschland" herausgab. Da gab es schon große Web-Kataloge, die auch Adressen bereithalten - und zwar gratis.
Anachronismus der papierenen Form.
Trotzdem hat sich Webers Idee durchgesetzt und ist zu so einer Art Standardwerk für das deutsche Internet geworden. Soeben ist die achte Auflage erschienen. Der Grund, warum die Idee funktioniert, liegt wohl gerade in dem Anachronismus der papierenen Form: Auch notorische Surfer halten sich gerne an etwas fest, das schwarz auf weiß gedruckt ist. "Die 6.000 wichtigsten deutschen Internet-Adressen" hält das Buch angeblich bereit. Nun, auch wenn jeder Eintrag getestet worden ist, wie der Verlag behauptet - die Auswahl bleibt bei mehr als sieben Millionen Web-Seiten insgesamt höchst subjektiv. Hinzu kommt, dass diejenigen Internet-Seiten, die in dem Buch Werbung schalten, durch die Bank als wichtig eingestuft worden sind. Völlig unabhängig scheint das Buch also nicht recherchiert worden zu sein. Und trotzdem: Das Web-Adressbuch ist eine wirklich praktische Erfindung. Man kann es konsultieren, bevor man eine Reise buchen will, wenn man Sportergebnisse sucht oder in ein virtuelles Museum gehen will. Man kann es aber auch einfach lesen: Da findet man so viele verrückte Dinge, dass man richtig Lust auf’s Surfen bekommt. Und die paar Buchstaben aus dem Buch abzutippen ist schließlich auch kein Hexenwerk.