Mannheimer Morgen
vom 27.11.2005
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Die Suchmaschine aus dem Bücherregal
Bessere Ergebnisse als Google soll das "Web-Adressbuch" liefern - wir haben es getestet
"Die 6.000 wichtigsten deutschen Internet-Adressen" auf etwas über 900 Seiten: Diesen Anspruch stellt die kürzlich erschienene, neunte Auflage des "Web-Adressbuch für Deutschland". Herausgeber Mathias Weber und sein Team haben ihr Werk in 21 Kapiteln - wie "Arbeit und Beruf", "Einkaufen" und "Fußballweltmeisterschaft" - und 1.700 Themengebiete aufgeteilt.
Jedes Stichwort versammelt mindestens zwei und höchstens zehn Internet-Adressen inklusive E-Mail-Adresse, die kurz beschrieben werden. Ein Teil der Seiten sind mit Screenshots abgedruckt. Wer sich im Buch auf die Suche begibt, versucht sein Glück entweder direkt im passenden Kapitel oder schlägt hinten im Index nach.
Doch wozu überhaupt ein Web-Seiten-Katalog in Printform, wenn es im Internet von Suchmaschinen nur so wimmelt? Weil die Online-Varianten zwar viele, aber oft auch unbrauchbare Ergebnisse liefern. Hinzu kommt, dass sich viele Suchmaschinen eine Platzierung möglichst weit oben in der Trefferliste vom jeweiligen Seitenbetreiber bezahlen lassen. Nicht immer werden diese Links als Anzeige gekennzeichnet. Der Eintrag im Web-Adressbuch ist dagegen für den Betreiber kostenlos.
Dass mit dem Web-Adressbuch aber sogar die Ergebnisse von Google übertroffen werden sollen, löst dann aber doch Stirnrunzeln aus. Wir machen den Test: Mein Kollege und ich begeben uns zeitgleich auf die Suche - er mit dem Web-Adressbuch auf dem Schoß, ich allein auf Google angewiesen. Als erstes wollen wir ein Hotel in Paris finden, mit drei Sternen und für weniger als 80 Euro. Nach ein paar Minuten landen wir beide einen Treffer: Das Web-Adressbuch führt den Kollegen auf Frankreich-Info.de, das mehrere brauchbare Hotels auflistet. Das gilt auch für das Reiseportal opodo.de, auf das mich Google lenkt.
Im nächsten Fall ist die Suchmaschine der klare Sieger. Eine seriöse Partnerbörse hätte man zwar eher im Web-Adressbuch vermutet, doch tatsächlich bin ich bei Google innerhalb weniger Sekunden auf Seiten wie neu.de oder friendscout24.de, während der Kollege auch nach einigem Hin- und Herblättern nichts findet. Auf der Suche nach einem Auslandspraktikum in Barcelona bleiben wir jedoch beide erfolglos. Dagegen stößt der Kollege mit Hilfe des Buches sehr schnell auf alle Blitzer in der Umgebung (www.radarfalle.de), während die Seiten von Google kaum etwas taugen. Am Ende herrscht Gleichstand zwischen Google und Web-Adressbuch. Vielleicht sollte man das Buch aber weniger als Konkurrent denn als Ergänzung zu den Yahoo, Altavista, Lycos und Co. Sehen, die zumindest in einem Punkt immer die Nase vorn haben: der Aktualität. Aber dort, wo Google und seine Mitspieler versagen, kann das Nachschlagewerk gute Dienste leisten - und wer beides benutzt, dürfte nur noch an wenigen Seiten vorbei surfen.